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IL DIVINO

Nur sehr wenige Lautenmeister haben diesen Status erreicht. Ich nenne da:

Luis Milan   (1502 - 1561)

Francesco Canova de Milano (1497 – 1543)

Laurencino de Roma ( ca. 1550)

Valentin Bakfark  (Greff Bakfare) ( 1507 – 1576)

Aus meiner Sicht kämen für diese Auszeichnung noch

Albert de Rippe  ((ca. 1510)-Premier Livre de Tabulatur de Leut (Paris 1552))

und vielleicht auch John Dowland (1563 – 1626)

in Frage, obwohl Dowland zu sehr seine Subjektivität in die allgemeine Öffentlichkeit eingebracht hat.

Wir wissen von Luis Milan, dass er ein Poet war und ausgezeichnet auf der Vihuela improvisieren konnte, was ja auch seinen Kompositionsstil auszeichnet und ihm seine Beliebtheit an den spanischen Höfen garantierte. Sicherlich hatten die Vihuelameister auch Lauten, hielten diese aber aus bestimmten Gründen versteckt (s.o).

Bei Francesco paart sich die reine Auffassung der Musik mit der Abwendung hin zum Logos. Ein typisches Beispiel ist das Ricercar Nr. 57 auch „La Compagna“genannt. Das flehende Thema Quinte kleine Sexte Quinte ist bei Francesco ein Grundthema, welches in zahlreichen seiner Fantasien und Ricercare zu finden ist. In der technisch sehr interessanten Durchführung mit den zahlreichen Imitationen spürt der Interpret deutlich die im Komponisten aufsteigende Angst. Ab Takt 49 beginnt er nochmal mit dem Thema, nur im doppelten Tempo und sequenziert dann kurze rhythmische Imitationen, die dieses bestimmte Gefühle der Angst entstehen lassen. Einige Jahrzehnte später finden wir unter dem starken Einbezug der Dissonanz bei Michelangelo Galilei diesen qualvollen Aufruf wieder. Am Ende seiner Toccata Nr. VIII treten am Ende dieses Stückes dissonante Intervalle auf, die wie angstbestimmtes „may-day, may-day….“ erscheinen.

Bei Laurencino de Roma (ca. 1550) finden wir einen tiefgründigen polyphonen Kompositionsstil von einem sehr hohen Niveau. Die von John Dowlands Sohn Robert Dowland herausgegebenen „Varietie of Lute-Lessons (1610)“ enthalten zwei wunderschöne Fantasien Laurencinos, die diesem Niveau entsprechen.

Andere Werke von ihm finden wir bei: Jean Babtiste Besarde: Thesaurus harmonicus (1603)

Valentin Bakfark  (Greff Bakfare) (ca. 1530 -1576) ist einer der rätselhaftesten Lautenisten der europäischen Lautenmeister. Ihm wurde Titel „Il Divino“ 1559 von Herzog Albrecht von Brandenburg verliehen, den Valentin Bakfark durch seine Lautenmusik von seinen Beschwerden heilte. Vielleicht müsste man einmal über die segensreichen Heilwirkungen der Lautenmusik schreiben.

In diesem kleinen Rahmen ist es unmöglich die etwa 100 Lautenmeister zu besprechen, die einen bestimmenden Einfluss auf die Renaissance ausgeübt haben. Ich möchte aber die folgenden Komponisten und ihre Werke zumindest noch erwähnen:

Im ersten Drittel des 16 Jahrhunderts finden wir an besonders herausragenden Lautenkomponisten Vincento Capirola (1474-1548), Marco dall‘ Aquila (ca. 1480-1537) und  Francesco Canova de Milano (1497-1543). Capirola’s Kompositionsstil ist interessant und atemberaubend, seine Anweisungen für die Spieltechnik der Renaissancelaute (Thumb under) sind heute noch mustergültig und werden von den großen Vertretern der Lautenmusik wie Paul O’Dette und Hopkinson Smith genutzt. Aquila’s Fantasien sind großartige polyphone Werke und seine Ricercare und Traditoras klingen bezaubernd und sollten viel häufiger gespielt werden.

Erwähnen möchte ich noch Pietro Paulo Borrono und Giovanni Maria da Crema. Letzterer zeichnet sich als ein genialer Kontrapunktiger aus. Seine Ricercare sind von hohem musikalischen Niveau. Borrono hat ganz ausgezeichnete Lautenkompositionen geschrieben. Zu Unrecht stand er immer im Schatten von Francesco.

Alberto Ripa (Albert de Rippe ca. 1510) nimmt eine Sonderstellung ein. Er wechselte seine Nationalität und ging nach Frankreich. Seine Kompositionen sind tief und gehaltvoll, geprägt von einer tiefen Religiosität und kontrapunktischer Meisterschaft, die sein Schüler Guillaume Morlaye nicht erreichte.

Aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts möchte ich Giulio Cesare Barbetta (ca. 1540-1603) und Simon Gintzler (ca. 1550) erwähnen. Gintzler gelang eine geschickte Verknüpfung von italienischen und deutschen Lautenstilelementen. Seine 6 Ricercare sind ein Muss für jeden Lautenisten.

Valentin Bakfark  (Greff Bakfare) (ca. 1507 -1576) nimmt ebenfalls eine Sonderstellung der europäischen Lautenmeister ein und leider fehlt hier der Raum um diesen Lautenisten zu würdigen. Dann möchte ich noch Adrian Denss und sein Florilegium (1594) nennen. Die Tiefe seiner großen Fantasien hinterlässt ein Staunen und Ehrfurcht.

Für Deutschland dürfen wir Melichor Newsindler(1531 -1590/91) als den bedeutesten Lautenmeister nicht unerwähnt lassen. Aus einer genialen Lautenistenfamilie entstammend entwickelte er neue Wege. Seine Kompositionen zeugen von Tiefe und excellenter Sachkenntnis.

Abschließend möchte ich mich entschuldigen bei den nicht namentlich genannten Lautenisten. Ihnen gilt mein Dank und mein tief empfundener Respekt.

(c) Copyright August 2009 by Sigurd Schmidt

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